Mittwoch, 13. Juli 2016

Die ersten Flüchtlingsopfer: Mädchenakt und Junger Student

von Thomas Heck...


Noch bevor voraussichtlich am Montag die ersten von bis zu 2000 Asylbewerbern in ein ehemaliges Bergarbeiterkrankenhaus in Gera einziehen, hat die Stadtverwaltung Gera diese Woche eine Bronzeplastik und eine Sonnenuhr entfernen lassen. Ob die Skulpturen nun entfernt wurden, weil man Angst vor Bronzedieben unter den Flüchtlingen hatte? Wenn es denn so wäre. Nein, die Nacktheit schreckte die Verwaltung auf. Aber anstatt zunächst abzuwarten, ob sich überhaupt Flüchtlinge darüber beschweren würden, was man dann immer noch hätte ignorieren können, wird wie immer immer vorauseilenden Gehorsam der Kniefall vor dem Islam gemacht, noch bevor auch nur ein Flüchtling Gera betreten und die Skulpturen hätte bewundern können.





Diese Entfernung beklagt die Geraer AfD in einer Pressemitteilung. Er ist nicht verständlich, dass „die beiden unbekleideten Gestalten ein halbes Jahrhundert nach ihrer Aufstellung nun aus Rücksicht vor mittelalterlichen Moralvorstellungen oder befürchteter Zerstörungswut der zukünftigen Bewohner des Objektes“ abgebaut wurden. „Wir wollen unsere Kultur behalten, ob in Bronze gegossen oder sonst wie und damit basta!“, so die AfD. "Nacktheit ist der Inbegriff der europäischen Kunst." Plastik und Sonnenuhr sollen als Dauerleihgabe auf dem Gelände des SRH Wald-Klinikums aufgestellt werden. Das sei schon länger der Wunsch der Klinikleitung. Ursprünglich wollte man das bronzene Paar direkt umsetzen, aber weil die Figuren einen Sporn haben, der in die Erde spießen würde und unklar sei, ob auf der Fläche vor dem über 90-jährigen Klinikgebäude Leitungen verlaufen, wurde das Kunstwerk zunächst von der Stadt eingelagert, so eine Kliniksprecherin auf Nachfrage. 

Bei Manfred Otto Taubert, dem Geraer Autor des 2014 erschienenen Buches „Plastiken und Skulpturen in Gera“ haben sich unterdessen aufgeregte Geraer gemeldet. Er selbst war am Ort des Geschehens, wurde aber nicht bis zum Standort vorgelassen. Das wurde auch unserer Redaktion für ein Foto verwehrt. Selbst auf Rückfrage des Objektleiters beim Landesverwaltungsamt blieb das so. Dort sei nur noch ein Erdhaufen, sagten Mitarbeiter der Wachschutzfirma.  Das Paar soll ganz in die Nähe der Plastik „Mädchenakt“ von Carl Kuhn und „Junger Student“, auch nackt, von Heinz Beberniß seinen Platz finden. 

„Ich fand das Paar dort ideal. Ich könnte nicht verstehen, wenn es nur deshalb umgesetzt wurde, weil die Asylbewerber hierher kommen“, sagt Bildhauer Volkmar Kühn aus Wünschendorf, der 2013 in Zwickau selbst erleben musste, wie sein „Ikarus“ vor einer Schule als Provokation verstanden wurde. „Es braucht sicher Hilfeleistungen, den Flüchtlingen unsere Kunst zu erklären“, sagt er, denn im Islam beispielsweise sei figurative Kunst überhaupt nicht gegenwärtig. Hier muss nichts erklärt werden, die haben zu akzeptieren, was hier steht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen