Samstag, 20. Mai 2017

Im Osten nichts Neues? Alles Nazis?

von Thomas Heck...

Auch fast 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung halten sich viele Vorurteile über die jeweils andere Seite immer noch sehr hartnäckig. So z.B. das Vorurteil, dass alle Ossis Nazis seien. Und das ganze mit wissenschaftlicher Bestätigung. Weil politisch gewollt. Ganz vorne dabei: Die Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris Gleicke.


Da reicht es schon, die linksfaschistische Antifa als das zu bezeichnen was sie ist, ein Ansammlung pickliger Faschisten, die sich selbst als Antifaschisten bezeichnen. Nur gesellschaftlich in linken Kreisen bis hinein in die bürgerliche Mitte akzeptiert, vom Staat finanziert. 

Oder wenn die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin nicht ausschließlich mit Willkommensklatschen quittiert, sondern einfach mal kritisch nachzufragen. Da wird gleich ein rechtsradikaler Hintergrund verortet. 

Der Rest des Wissens über die bösen Nazis in der Ostzone beziehen sich aus Erkenntnissen aus insgesamt drei rechtsradikalen Hochburgen, die schon sehr dreist auf die gesamte ostzonale Bevölkerung extrapoliert werden.


Weil der Rechtsextremismus in Ostdeutschland einfach nicht verschwinden will, steht er unter ständiger Beobachtung der Gesellschaftswissenschaften. Die resultierenden Texte füllen Regalkilometer in deutschen Universitätsbibliotheken. Doch für die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke, war wohl nicht das Passende dabei: Also gab die Sozialdemokratin kraft ihres Amtes eine weitere Studie in Auftrag, deren Ergebnisse am Donnerstag unter dem Titel „Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland“ auf 236 Seiten veröffentlicht wurden. Auch die WELT hatte über die Ergebnisse berichtet.

Die drei Schlussfolgerungen der Wissenschaftler vom Göttinger Institut für Demokratieforschung sind wenig umstritten bis banal: Erstens gebe es nicht den einen Rechtsradikalismus in Ostdeutschland. Zweitens sei der Rechtsextremismus nicht ausschließlich ein Ost-West-Problem – sondern auch ein Stadt-Land-Problem, das „durch spezifische regionale Faktoren“ befördert werden könne. Und drittens gebe es in gewissen ostdeutschen Regionen und politisch-kulturellen Umfeldern eine historisch gewachsene Neigung zu Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremem Denken. 

Daraus leiten Gleicke und die Sozialforscher die zentrale Handlungsempfehlung ab, dass im Kampf gegen Rechtsextremismus vor Ort angesetzt werden müsse; dort liege die Lösung. Problematisch daran ist, dass Titel und Deutungen der Studie vortäuschen, wissenschaftlich gestützte Aussagen über die Ostdeutschen zu treffen. 

Dabei beschränkte sich die Forschung im Wesentlichen auf Interviews mit 40 überwiegend linken Politikern und engagierten Bürgern sowie Begegnungen mit mutmaßlich fremdenfeindlichen Einwohnern in drei Hotspots rechtsextremer Umtriebe: Freital, Heidenau und Erfurt. Gleicke meinte etwa aus der Studie den Schluss ziehen zu können, dass die Mehrheit der Ostdeutschen „viel zu leise“ sei. „Sie ist eine schweigende Mehrheit.“



„Kann nicht unwidersprochen so stehen bleiben“

Michael Kretschmer (CDU), Unionsfraktionsvize im Bundestag, kommt aus Sachsen. Er übt scharfe Kritik: „Der größte Mangel der Studie sind die pauschalen Urteile über 16 Millionen Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage von knapp 40 Einzelinterviews. Diese dünne Forschungslage scheint den Machern der Studie zu genügen, um pseudopsychologische Diagnosen über die ostdeutsche Mentalität zu stellen.“ 

Die Studie sei „ein politisches Papier und keine wissenschaftliche Arbeit“. Das Verwischen von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit politisch motivierten Schlussfolgerungen erwecke den Eindruck, dass es den Autoren nicht um echten Erkenntnisgewinn, sondern um das Bekräftigen von Vorurteilen gegenüber Mitbürgern im Osten gehe.

Kretschmer wirft den Autoren vor, „Menschen ohne Wenn und Aber pauschal in die rechte Ecke“ zu stellen, „nur weil sie mit den Steinewerfern und Randalierern der Antifa ein Problem haben. Genauso inakzeptabel ist es, dass dasselbe mit Menschen gemacht wird, die sich mit Themen wie Patriotismus, Leitkultur und Heimat auseinandersetzen. Das geht so nicht und kann nicht unwidersprochen so stehen bleiben.“

Problematisch ist etwa, dass die Forscher schon darin Rechtsradikalismus erkennen, dass einzelne Heidenauer „EinwohnerInnen den Demonstrationen der Antifa-AktivistInnen mit Ablehnung begegnen“. Ebenso zitieren die Studienautoren ausgerechnet die Antifaschistische Aktion als Quelle für Erkenntnisse über rechtsextreme Gewalt. Dabei ist die Antifa die schlagkräftigste Sammlungsbewegung linker Gewalttäter. Etliche Antifa-Gruppen stehen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. 

Zudem besteht für die Forscher „latente Fremdenfeindlichkeit“ der Gesprächspartner schon in „Sicherheitsvorbehalten“ gegenüber „jungen, männlichen Flüchtlingen“ sowie in einem „wohlfahrtschauvinistischen Ressentiment“ armer Befragter: Die beschwerten sich, dass für die Migrantenversorgung zu viel Geld ausgegeben werde.

CDU-Fraktionsvize Kretschmer fordert, dass künftig bei staatlich beauftragten qualitativen Studien „die engen Grenzen des Forschungsdesigns“ deutlicher herausgearbeitet werden. Jeder Sozialwissenschaftler wisse, „dass qualitative Forschungsarbeiten nur sehr begrenzt dazu taugen, repräsentative Aussagen über die Allgemeinheit zu treffen. „Das hat die Forscher dieser Studie jedoch nicht davon abgehalten, die gesamte ostdeutsche Bevölkerung als entpolitisiert und anfällig für Fremdenfeindlichkeit zu brandmarken.“

Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt attestiert der Studie methodische Fehler. „Der empirische Teil der Studie ist eine Illustration der theoretischen Vorannahmen, dort wird der zu Beginn korrekt geschilderte Forschungsstand durch Ausschnitte aus den Interviews und eigene Deutungen noch einmal durcherzählt.“ 

Zwar hält der Dresdner Rechtsextremismusforscher Patzelt den qualitativen Zugriff über Einzelinterviews grundsätzlich für sinnvoll. Das Problem sei aber, „dass die Forscher ohne Kontrollgruppe gearbeitet haben, sondern nur drei Orte mit besonders hohem Rechtsradikalismus untersucht haben. Erst durch einen Vergleich mit Orten ohne große rechtsradikale Auffälligkeit könnte man etwas aus den Beobachtungen schließen.“

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