Freitag, 10. Januar 2014

Umsatzsteuererklärung leicht gemacht

von Thomas Heck

Pünktlich zum 10. Januar eines Jahres müssen sich Unternehmen wieder mit der Umsatzsteuervoranmeldung beschäftigen. Es mag Leute geben, die daran Spaß haben, ich würde mir lieber die Haare an der Bikinizone entfernen lassen. Doch zu den Schwierigkeiten im Einzelnen. Das Elster-Programm (ELektronische STeuerERklärung) ist schnell installiert und beeindruckt durch seine Einfachheit und Klarheit. Das Perfide daran: es läßt den Steuerzahler hoffen, diese unangenehme Prozedur schnell überstehen zu können. In meinem Fall die naive Vorstellung, mal schnell die Erklärung zu erstellen und abzuschicken, dann zu frühstücken, um sich dann langsam auf das nahende Wochenende einzustimmen. Weit gefehlt. Es ist jetzt mittags und der Vorgang wird heute nicht abzuschließen sein. Denn vor dem Ende hat der Gott des Steuerzahlerprogramms noch kleinere Widrigkeiten und Gemeinheiten in den Weg gelegt.

Das fängt mit der Wahl des Browser an. Der Internet Explorer 10 muss es schon sein, um die Daten sicher übertragen zu können. Dass mein Rechner noch unter Windows Vista läuft, wo IE10 nicht zu installieren ist, ficht das Finanzamt nicht an. Kein Problem, dünkt es den Nutzer. Flugs die Daten gespeichert und den neuen Laptop unter Windows 8 gestartet, wo immerhin der Internet Explorer 11 läuft. Das Elster-Programm neu installiert, die bereits gespeicherte Datei laden und die Daten übertragen, zwischendurch kann schon mal der Kaffee aufgesetzt werden. Es kann ja nicht mehr lange dauern. Leider funktioniert die Datenübertragung nur in der Desktop-Version des IE11, nicht in der Kachel-Version. Auf die Schnelle bekomme ich das jetzt nicht gelöst und im Nachhinein war es auch die richtige Entscheidung, sich jetzt nicht näher mit diesem Thema zu beschäftigen. Doch die Deadline rückt näher, das Problem muss gelöst werden.

Mein Vater hat einen Rechner unter Windows 7, Internet Explorer 11 und er nutzt Elster. Kein Problem. Muss der Vater dem Sohne helfen. Eine kurzer Anruf, die Steuerung des fernen Rechners per Teamviewer übernommen, die Steuer-Datei schnell per Dropbox übertragen, bevor die NSA meine Ambitionen zur Geldwäsche mitplotten kann, Programm starten und die Datei laden. Schade nur, das mein Vater seine Steuern nur als Privatperson erstellt und meine Datei mit Unternehmer-Daten nicht lesen kann. Also schnell Elster neu installiert, Unternehmer-Module ergänzt, Daten laden und ans Finanzamt übertragen. Der Kaffee ist durchgelaufen. In weiser Voraussicht werden noch nicht die Frühstückseier in die Pfanne gehauen. Denn...

Denn es lauert noch die Falle, denn aufgrund einer bundesweit geltenden Änderung der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung müssen Umsatzsteuervoranmeldungen seit dem 01.01.2013 nur noch authentifiziert und mit elektronischen Zertifikat übermittelt werden. Hierzu ist eine Registrierung unter ElsterOnline erforderlich. Nach erfolgreicher Registrierung kann die Dateiübermittlung erfolgen. Vielleicht klappt es ja noch mit dem Frühstück. Der Registrierungsprozess sieht einfach aus.

Der Steuerschuldner hat noch Hoffnung. Es wird ein Bestätigungs-Link geschickt, eine Registrierungsnummer mitgeteilt und dann kommt der Satz, der jegliche Hoffnung vernichtet: "Ein Passwort wird per Post verschickt..."

Es ist ein Satz, der jegliche Lösungsansätze verhindert. Der Termin heute kann nicht eingehalten werden, das Frühstück fällt aus, statt eines Kaffees wäre ein Korn angebracht, der Kaffee ist sowieso in Schockstarre erkaltet. Die Gedanken überschlagen sich. Wir wäre es, wenn ich jetzt in Griechenland leben würde? Was wäre, wenn die FDP heute mit in der Regierung wäre? Was wäre anders? Ich fürchte, nichts wäre anders, weil manche Dinge sich nie ändern werden. Wie das mit dem Bierdeckel laufen sollten, hat uns die FDP nie erklärt...

Montag, 6. Januar 2014

Tagesschau als Verteidiger der Freiheit

von Thomas Heck

Oder eine moralische Kakophonie...

Heute war es wieder soweit. Die Tagesschau hatte heute mal wieder eine Möglichkeit gefunden, Israel, immerhin die einzige Demokratie im Nahen Osten, als das darzustellen, was sie für die öffentlich-rechtliche und politisch links eingestellte Journaille zu sein hat... eine rassistische Institution, der man in guter alter Gutmenschenmanier mal wieder ordentlich auf die Finger klopfen konnte, so wie es die Deutschen ab und zu gerne tun, um die eigene moralische Überlegenheit zu verdeutlichen.

Anlass war eine Demonstration von 60.000 afrikanischen Flüchtlingen in Israel, die lautstark ihre Rechte und ihre Anerkennung als Asylbewerber einforderten. Israel hat ein Flüchtlingsproblem, so wie Europa auch. Und trotz des von linken Journalisten propagierten Rassismus in Europa und in Israel, treibt es die Flüchtlinge eigenartigerweise genau dorthin, wo der Rassismus vermeintlich besonders deutlich ausgeprägt ist: nach Israel. Da wundert es den einfach strukturierten Tagesschau-Zuschauer schon, warum die Flüchtlinge nicht in Ägypten oder Libyen bleiben oder gleich bis Syrien durchmarschieren, immerhin leuchtende Beispiele für Demokratie, Frieden und Freiheit in der arabischen Welt, sondern sich dermaßen in Gefahr bringen, dass sie es ausgerechnet nach Israel oder Europa schaffen wollen.

Der Bürgerkrieg in Syrien mit über 100.000 getöteten Menschen ist den Journalisten nicht mehr aufregend genug, da muss es schon eine Großdemonstration in Israel sein. Ob das daran liegt, dass es für den deutschen Journalisten schlichtweg bequemer ist, in Tel Aviv vom Dach eines Hotels seinen Bericht zu senden, um pünktlich zum zweiten "Sex on the Beach" wieder in der Hotellobby zu sein, als Aleppo in Syrien zu besuchen, solange es noch existiert, vermag ich nicht beurteilen. Es fällt nur auf.

Dies passt in das allgemeinen Bild der Verzerrung der Wahrnehmung in der Welt und insbesondere in Deutschland. Eine "NSA-Affäre" führt bei einigen zu der Einschätzung, man solle sich von den USA abwenden und Putin als lupenreinen Demokraten zuwenden. Deutsche Facebook-Nutzer schreien ob der Bedrohung ihrer Privatsphäre laut auf. Polizisten in Hamburg werden kritisiert, weil sie sich gegen steinewerfende und blutrünstige Chaoten wehren. Und niemand fragt nach den Gründen, warum Flüchtlinge nach Europa und Israel wollen. Keiner stellt die Staaten an den Pranger, die ihre eigene Bevölkerung vertreibt oder gleich sofort ermordet. Nein, die westlichen Demokratien stehen in der Kritik. Und nebenbei wird vergessen zu erklären, warum Schwule aus dem Gaza-Streifen lieber in Tel Aviv leben wollen, als dass sie die Hamas auf ihre Toleranz testen.

Bei soviel hoher Moral unserer öffentlich-rechtlicher Journaille muss die Wahrheit und die Vernunft ab und zu auf der Strecke bleiben. 

Freitag, 27. Dezember 2013

Zuviel Sonne ist auch nicht gesund

von Dr. Eran Yardeni

Shlomo Ben Zvi ist der neue Verleger und auch der neue Chefredakteur der zweitgrößten israelischen Tageszeitung Maariv. Neben seinen vielen Hobbys scheint er auch die Lösung für den Konflikt um die iranische Atomfrage gefunden zu haben. Sein Szenario nennt er das „Ebenbild Gottes“.

Aus der israelischen Perspektive, meint Ben-Zvi, ist die heutige Situation hoffnungslos. Der diplomatische Kampf gegen die nuklearen Pläne Teherans ist so gut wie gescheitert. Die Amerikaner machen nicht mit, die Europäer machen zwar mit, aber leider auf der Seite der Iraner.

Militärisch kann Israel das Problem nicht mehr allein lösen, ohne dafür einen enormen politischen und wirtschaftlichen Preis zu bezahlen, den das Land sich nicht leisten kann. 

Nach Ben-Zvi ist ein präventiver militärischer Schlag für die Zukunft Israels genau so gefährlich wie die Alternative, d.h. gar nichts zu machen. Vor diesem Hintergrund muss die israelische Regierung, geführt von Benjamin Netanjahu, einen neuen Weg gehen - und zwar den goldenen Weg zwischen diesen beiden Optionen.

Die ethische Basis seiner Überlegungen stammt aus dem Alten Testament und beruft sich auf die Schöpfungsgeschichte des Menschen als Ebenbild Gottes. Nach Ben-Zvi soll Israel alle Länder der Region, vor allem aber Iran, zu Direktgesprächen einladen. Das Ziel der Gespräche wäre dann die Abrüstung der Atomwaffen im Nahen Osten. Dass die Iraner sich weigern würden, dabei mitzumachen, ist natürlich nicht auszuschließen.

Diese Möglichkeit aber erwischt Ben-Zvi keineswegs unvorbereitet: Die israelische Einladung solle eine befristete Einladung sein. Iran stehen dann 30 Tage zur Verfügung. Läuft die Frist ab, ohne dass die Iraner sich bereiterklären am Verhandlungstisch Platz zu nehmen, wird Israel, dieses Mal nicht alleine, sondern mit den Völkern der Region die iranische Infrastruktur, vor allem die Öl-Infrastruktur, angreifen.

Ben-Zvi rechnete auch aus, dass nach einer Woche ca. die Hälfte der iranischen atomaren Produktionsfähigkeit vernichtet wäre. So sollte es weiter gehen, bis die iranische Führung aufgibt und sich dem Abrüstungsplan anschließt.

Aber bevor israelische Piloten, ägyptische Panzersoldaten, libanesische Infanterie (besteht höchstwahrscheinlich sowohl aus Christen als auch aus Hisbollah-Eliteeinheiten) und die saudische Marine in kosmischer Harmonie auf die Iraner losgehen, lässt sich der Visionär noch ein bisschen Zeit, um sein Szenario weiter zu entwickeln.

Welche Rolle z.B. sollen die Amerikaner spielen? Nach Ben-Zvi gar keine. Sie sollen nur die Stabilität der Ölpreise für ein Jahr garantieren. Und die Russen? Das ist ein anderes Thema, schreibt Ben-Zvi, ohne genauer zu erklären, was er damit meint.

Im Schatten bleiben auch die eventuellen Konsequenzen eines solchen koordinierten Angriffs für die israelische Wirtschaft und Zivilbevölkerung. Denn es ist eher unwahrscheinlich, dass die Iraner einfach ruhig bleiben, während ihre Ölpipelines zerstört werden. Und was macht Israel, wenn in den Nachbarländern nach ein paar Jahren schon wieder der Frühling ausbricht, bunt und prunkvoll, wie nur der arabische Frühling sein kann, so dass neue Despoten die Macht ergreifen und sich von den Vereinbarungen ihrer Vorgänger kategorisch abkehren?

Die Hamas in Gaza ist ein konkretes und aktuelles Beispiel für ein solches Szenario, die Revolution im Iran 1979 ein anderes. Bis 1979 haben Israel und Iran militärisch eng zusammengearbeitet. Gemeinsame Projekte zur Entwicklung von Mittelstreckenraketen fanden statt. Vor diesem Hintergrund musste der Instabilitätsfaktor der Region mit einkalkuliert werden. Das scheint aber Ben-Zvi, der mit einem atomaren Konflikt so umgeht wie Kinder mit einer Kissenschlacht, nicht zu irritieren.



Mittwoch, 25. Dezember 2013

Gott und die Bombe

von Dr. Eran Yardeni



Vorgestern berichtete ich an dieser Stelle über die neue Initiative von Shlomo Ben-Zvi, dem Verleger und Chefredakteur der zweitgrößten israelischen Tageszeitung Ma’ariv, den Nahen Osten zu einer atomwaffenfreien Zone zu machen. Es sieht aus, als stünde Ben Zvi mit dieser Aktion nicht mehr alleine da. In die gleiche Richtung marschiert auch der ehemalige Knesset-Abgeordnete Abraham Burg.

Ein in Maariv veröffentlichter Gedankenaustausch zwischen den beiden bezüglich der sogenannten „Ebenbild Gottes“ Doktrin ist an einigen Stellen mehr als erstaunlich, an anderen hingegen einfach lustig, im Grunde genommen aber eher tragisch.

Sowohl Burg als auch Ben-Zvi sind unverkennbar von religiösen Motiven getrieben. Burg behauptet, eine moralische Weltanschauung zu haben, in deren Rahmen Entscheidungen bezüglich Leben und Tod eine göttliche und keine menschliche Sache seien. So gesehen gefährdet die nukleare Waffe das Machtmonopol Gottes: „Die Atomwaffe beabsichtigt Gott zu werden, ohne die Fähigkeiten zu haben, die der Weltschöpfer besitzt“, meint er, ohne zu erklären, welche Fähigkeiten genau Gott besitzt und ohne darauf zu achten, dass es ironischerweise ausgerechnet Mahmud Ahmadinejad war, der im April 2013, während seines Besuchs in Benin (West Afrika) denselben Gott mit ins Boot holte, als er die nukleare Energie “ein göttliches Geschenk” nannte.

Auf welcher Seite Gott genau steht, auf der israelischen oder auf der iranischen, ist noch nicht geklärt. In Deutschland fand am Ende der 50er Jahre eine ähnliche Diskussion statt und zwar über die Frage, inwiefern, wenn überhaupt, billigt Gott Atombomben? (Der Spiegel; 14.5.1958).

Auch wenn diese Frage kaum zu beantworten ist, eins ist trotzdem ziemlich sicher: Das moralische Spielchen mit Gott als atomares Argument gegen den Besitz von Atomwaffen ist nicht nur amüsant, sondern kann auch rasch ad absurdum geführt werden, wenn man die nukleare Waffe als Gottes Wille, d.h. als eine neue Version der Sintflut betrachtet, die das Ziel hat, die Menschheit samt ihrer Steuerhinterzieher, Pornogucker und Abmahnanwälte zur Rechenschaft für ihre Missetaten zu ziehen.

Denkt man an das 20. Jahrhundert, dürfte dieses Szenario nicht ganz sinnlos erscheinen. Gegen die nukleare Waffe zu agieren, bedeutet dem göttlichen Willen die Stirn zu bieten. Gott im Dienst der Atomgegner ist wie die Knete in den Händen geschickter Kindergartenkinder – man kann daraus alles machen, was man will.

So weit sind wir, Gott sei dank, noch nicht. Denn Burg ist bescheidener: Er beklagt sich nur über das menschliche Einmischen in die göttliche Sphäre und zwar ohne auf das jüngste Gericht hinzuweisen.

Vor dem Hintergrund der biblischen Geschichte von Kain und Abel, musste aber sogar er wissen, dass zwei Hände völlig ausreichen, um zu töten und damit das göttliche Machtmonopol in Frage zu stellen. Solange man die Unterminierung der Autorität Gottes bezüglich der Fragen von Leben und Tod als Argument gegen den Besitz der Atomwaffe anführtt, muss man auch zugeben, dass es zwischen dem Messer von Jack The Ripper, dem Hund von Baskerville und der Atombombe keinen qualitativen Unterschied mehr gibt. Sie alle verfügen über Fähigkeit, sich in die göttliche Sphäre „einzumischen“.

Genauso unklar ist sein anderes Argument: Massenvernichtung sei unmoralisch. Denn schließlich meinen die Befürworter der Atomwaffe in Israel nichts anderes. Keiner in Israel behauptet, dass Massenvernichtung moralisch sei. Wenn es überhaupt einen guten Grund gibt, warum Israel eine atomare Waffe braucht, dann ist es der, Massenvernichtung von Juden zu verhindern.

Burg verwechselt hier, wie oft in solchen Diskussionen, zwei unterschiedliche Aspekte des Themas: Massenvernichtung auf der einen Seite und das Besitzen von Atomwaffen auf der anderen.

Der Besitz von Atomwaffen ist genau so unmoralisch wie der Besitz vom Pfefferspray. Die Frage von Ethik und Moral kann erst dann beantwortete werden, wenn mit der Atomwaffe bzw. mit dem Pfefferspray etwas unternommen wird. Immanuel Kant würde dann den Willen anhand des kategorischen Imperativs überprüfen; die Anhänger des Utilitarismus würden hingegen fragen, inwiefern der Einsatz von Atomwaffen das Allgemeinwohl der Bürger fördert.

Pfefferspray als Waffe zu benutzen, um eine alte Dame zu überfallen, ist unmoralisch, dasselbe Spray aber zu benutzen, um einen Vergewaltiger zu vertreiben, ist zutiefst moralisch. Der Besitz an sich sagt so gut wie gar nichts über die moralischen Aspekte künftiger Handlungen. Die Aussage „Massenvernichtung ist unmoralisch“ ist für die Diskussion über die Frage, ob Israel eine gegenseitige atomare Abrüstung initiieren soll oder nicht, völlig irrelevant.

Entweder alle oder gar keiner

Burg selbst scheint die Problematik seiner Argumente nicht ganz zu übersehen. Denn er gibt selbst zu, dass der Besitz von Atomwaffen Israel in der Vergangenheit geholfen hatte, seine Feinde abzuschrecken.

Heute aber, behauptet er, sei die Situation anders. Der Zusammenbruch der Sowjetunion beschleunige bestimmte wissenschaftliche Entwicklungen und mache das atomare Wissen zugänglicher als je zuvor. In dieser Konstellation soll sich nach Abraham Burg der Staat Israel damit abfinden, dass auch andere Länder, wie der Iran, früher oder später eine „atomare Fähigkeit“ entwickeln werden. Die israelische Regierung muss entscheiden, was unter diesen Umständen für die Zukunft Israels besser wäre: Dass keiner Atomwaffen besitzt oder dass alle Atomwaffen besitzen. Die dritte Alternative, dass nur Israel Atomwaffe besitzt, ist nach Burgs Meinung weg vom Tisch, weil eine Proliferation von Atomwaffen de facto nicht mehr zu verhindern sei.

Sowohl Burg als auch Ben-Zvi sind für die erstere Alternative, für eine atomwaffenfreie Zone. Die Frage ist nur, wie macht man das?

Nach Ben-Zvi muss Israel seine Zukunft und Sicherheit in fremde Hände geben. Ben-Zvi verknüpft die Zukunft des Judenstaats unter anderem mit der Kooperationsbereitschaft arabischer und islamischer Staaten, die Israel als Erzfeind, als „Krebsgeschwür“ bezeichnen. Burg hingegen vertraut Obama, Merkel und Hollande, notfalls die Kastanien aus dem Feuer zu holen, d.h. falls der Iran nicht kooperieren will.

In beiden Fällen geht es um einen Abschied von der eisernen Regel der israelischen Sicherheitspolitik: So unabhängig wie möglich zu sein.

Burg und Ben-Zvi wollen pokern, aber anstatt ihr eigenes Geld einzusetzen, pokern sie um die Zukunft Israels. Beide wissen, sollten sie sich irren, wäre niemand mehr da, um sie zur Verantwortung zu ziehen.

Sonntag, 27. Oktober 2013

Kastanien für den Frieden

von Dr. Eran Yardeni

Das folgende Szenario hat wohl jeder Lehrer schon mal erlebt: Im Herbst fallen die Kastanien von den Bäumen und der Schulhof wird zum Schlachtfeld. Die Kastanien fliegen hin und her wie sonst nur die Anopheles-Mücken in den Sumpfgebieten Brasiliens. Damit auf dem Schulhof wieder Ruhe einkehrt, muss der Aufsichtslehrer zwei Schritte unternehmen: Den Kindern das Sammeln bzw. Besitzen von Kastanien untersagen und dementsprechend diejenigen sanktionieren, die trotz des klaren Verbots ihr Arsenal weiter ausbauen. Denn jeder Lehrer weiß: Ohne eine starke und entschlossene Autorität bricht der “Waffenstillstand” bald wieder in sich zusammen.

Für Schneeballschlachten gilt das Gleiche.

Alles wäre sehr einfach, wenn es keine Antiatomwaffenaktivisten gäbe, die die Logik der Schulordnung und die damit verbundenen pädagogischen Maßnahmen überall anwenden möchten, als wäre die Welt samt ihren Diktatoren, Tyrannen und Ajatollahs nicht mehr als ein größeres Modell des Schulhofs.

Die Grundannahme dieser Art von Pazifisten ist, dass das bloße Vorhandensein atomarer Waffe die Existenz der Menschheit in Gefahr bringt. Die Welt ohne Atombomben, so behaupten sie, wäre einfach sicherer.

Dieser Behauptung liegt aber eine andere Annahme zugrunde , die mit der Realität so gut wie nichts zu tun hat: Dass bei einer Abrüstung alle mitmachen würden. Denn schlimmer als jede atomare Aufrüstung kann nur eine einseitige atomare Abrüstung sein. Wer diesen Weg geht, ohne sicher zu sein, dass die anderen auch denselben Weg gehen, der macht das Leben auf dieser Erde nicht sicherer, sondern sein eigenes Leben unsicherer.

Mit anderen Worten: Die Frage ist, wie wollen die Ritter der Moral alle Kinder dazu bringen, die atomaren Kastanien abzugeben und zwar ohne die Hilfe einer von allen Beteiligten anerkannten Autorität, die vielleicht auf dem Schulhof, nicht aber auf der globalen Arena funktioniert.

Erstaunlicherweise fällt es den Gutmenschen leicht, diese hochkomplizierte Frage zu beantworten. Sie glauben, wenn die westliche Welt abrüstet, werden alle anderen folgen. Denn der Westen ist der Initiator und die Ursache jeden Unheils - während die anderen Kräfte und Mächte nur auf seinen kulturellen, politischen und militärischen Expressionismus reagieren.

Auf welchen Tatsachen aber basiert diese selbstzerstörerische Annahme, dass die anderen mitmachen werden? Gibt es einen Plan B für den Fall, dass ein paar Kinder nach den neu konzipierten Regeln nicht spielen wollen? Nicht einmal auf einem Schulhof kann man allein durch Vertrauen einen stabilen Waffenstillstand erreichen. Und wer im Namen des Friedens die Abrüstung verlangt, wird kaum bereit sein, gegen die Verweigerer etwas zu unternehmen, um sie zur Abrüstung zu zwingen. Das Beispiel Iran zeigt das Problem am besten.

Es wäre im Interesse des Friedens auf dem Schulhof und in der Welt besser, wenn ein paar vernunftbegabte und verantwortungsbewusste Kinder ihre Kastanien behalten würden, statt sie allen abzunehmen - bis auf paar Schurken, die alle anderen terrorisieren können.