Mittwoch, 15. November 2017

Menschen, die „Ich hasse Juden“ rufen, sollte man nicht gleich Judenhass unterstellen... wirklich?

von Thomas Heck...

Dieser Tage sind sie wieder unterwegs. Jene "Aktivisten" der BDS-Kampagne. BDS steht für Boykott, Desinvestition und Sanktionen und richtet sich gegen den Staat Israel. Selbst am 09.11.2017, dem Jahrestag der Progrome von 1938 standen sie in den Einkaufsstraßen. Sie rufen zum Totalboykott gegen Israel auf. Setzen Künstler und Firmen unter Druck. Auch in Berlin geben sich BDS-Aktivisten friedlich – und brüllen Holocaust-Überlebende nieder.

Die meisten ziehen wortlos an Sophia Deeg vorüber, manche schimpfen. Kaum ein Konzertbesucher nimmt ihr ein Flugblatt ab. Der Einzige, der ihre Nähe sucht, ist Alfons. So heißt ihr Dackel. „Die Leute gucken, als wäre ich ein Nazi“, sagt Sophia Deeg. Bei der gleichen Aktion neulich in Paris hätten die Menschen viel offener reagiert. Dann steht plötzlich Ben Becker vor ihr. Der Schauspieler. Er trägt Schottenrock, reckt die Faust in den Abendhimmel und ruft: „Free Palestine!“. Becker versichert, er sei auf ihrer Seite. Erinnerungsfotos werden gemacht. Vermutlich war er wieder besoffen.

Seit einer Stunde protestieren sie vor der Max-Schmeling-Halle. Doris, Anja, Achmed, Eva, Sophia und ein paar andere. Mit Palästina-Flaggen und -Schals, Flugblattstapeln in den Händen. Nachher soll hier Nick Cave auftreten. Gegen den Sänger haben sie nichts. Gegen sein Konzert in Berlin ebenfalls nichts. Nur die zwei Konzerte, die Cave Mitte November in Tel Aviv geben will, die müsse er unbedingt absagen. Weil gar kein Künstler mehr nach Israel solle. Auch kein Wissenschaftler. Auch kein Unternehmen und keine Institution. Den Juden keine Chance, das ist die Devise.

Sophia Deeg, 65, ist Teil der weltweiten Kampagne „BDS“, die in den vergangenen Monaten viel Aufregung verursacht hat. Die Buchstaben stehen für „Boykott, Desinvestition und Sanktionen“. Mittel, die es gegen Israel einzusetzen gelte, um das Land zu massiven Zugeständnissen gegenüber den Palästinensern zu zwingen. Was zwei Intifadas und tausende Terroranschläge nicht schafften, soll nun gewaltfrei gelingen. Sophia Deeg sagt: „Das ist eine vorbildliche, intelligente Kampagne.“ Die Unmoral, die dahinter steht, wenn man sich für arabische Messerstecher und Kindermörder engagiert, scheint diesen Leuten nicht bewusst zu sein. Sophia Deeg hätte auch 1938 auch an den Progromen teilgenommen. Sie hätte vielleicht gegen Juden totgeschlagen, doch sie hätte zustimmend genickt: "Kauft nicht bei Juden".

In Berlin rief die Gruppe im August zum Boykott eines Musikfestivals in der Kulturbrauerei auf, nachdem sie auf dem Plakat das Wappen des Staates Israel entdeckt hatte. An der Humboldt-Universität brüllten BDS-Mitglieder eine Veranstaltung nieder, bei der eine Holocaust-Überlebende und eine israelische Parlamentarierin auftreten wollten. Am Alexanderplatz forderten sie mehrfach den Boykott israelischer Waren. Klingt für viele nach „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!“. Inzwischen warnt auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller: „BDS steht mit antisemitischen Schildern vor Geschäften. Das sind unerträgliche Methoden aus der Nazizeit.“ Hat Müller recht? Natürlich, doch was tut der Berliner Senat? Er koalisiert mit einer Linkspartei, deren Bundestagsabgeordneten zu den antisemitischsten im Deutschen Bundestag zählen, noch vor den Grünen, noch vor der SPD. Und die Bilder gleichen sich...



Sonntagabend in einer Kneipe in Prenzlauer Berg. Sophia Deeg und zwei ihrer Mitstreiterinnen sind zum Gespräch bereit. Sie sagen, ihre Kampagne sei keineswegs antisemitisch. Sie wollten bloß die israelische Apartheid abschaffen. BDS ist jedoch purer Antisemitismus im bürgerlichen Kleid, bedient antisemitische Klischees und arbeitet mit den gleichen Methoden wie die Nazis. 

Wenn sogenannte Palästinenser gegen Israel auf diese Art und Weise kämpfen, ist das noch immer besser, als der bewaffnete Kampf gegen israelische Zivilisten. Doch BDS ist ein Teil des Kampfes. Schließen sich Deutsche diesem Kampf an, sollte das auch so angesprochen werden. Sie haben natürlich das Recht der freien Meinung, das Recht, sich frei zu versammeln, zu demonstrieren. Dann habe ich aber auch das Recht, diesen Leuten einen Spiegel vorzuhalten und ihnen ins Gesicht zu schreien, dass ich mich für diese Judenhasser in meinem Land zutiefst schäme. Mit Judenhassern diskutiere ich nicht. Grundsätzlich.




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