Samstag, 2. Dezember 2017

Wenn Coca-Cola mehr aufregt, als der islamistische Anschlag...

von Thomas Heck...

Wenn ein Ereignis mehr erregt, als ein islamistischer Anschlag mit Lkw's in europäischen Strassen, kann es sich nur um die Aufregung über eine kapitalistische Brause handeln. Britische Behörden kritisieren die Weihnachts-Werbeaktion des Getränkeherstellers Coca-Cola: Die süße Brause mache krank. Auch Jamie Oliver schaltet sich ein – der Truck solle lieber Wasser ausschenken. Weil Wasser ein Grundrecht ist?



Anfang November fuhr er los, bis zum Weihnachtsfest wird er 42 Städte in Großbritannien besucht haben: der auch in Deutschland gut bekannte „Weihnachtstruck“ der Getränkefirma Coca-Cola. Doch was Kinder freuen mag, besorgt zunehmend die Ernährungsexperten und Behörden in einem Land, in dem die Menschen wie in kaum anderswo in der europäischen Union von Übergewicht geplagt sind.

Die Gesundheitsbehörde Public Health England und ihr Vorsitzender Duncan Selbie hat sich nun mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit gewandt. Die britischen Kommunen sollten einmal darüber nachdenken, ob das „Feiern von zuckerhaltigen Getränken im besten Interesse der Gesundheit von Kindern und Familien vor Ort“ sei, hieß es in dem Statement. Übergewicht, Diabetes und Karies bei Kindern würden im Vereinigten Königreich im besorgniserregenden Maße zunehmen, hieß es weiter. 

Gezielt in die ärmsten Kommunen des Landes?

Einige britische Politiker schlossen sich Selbie an, einige verlangten bereits, die „zynische Veranstaltung“ zu stoppen. Seit November tourt der 16,5 Meter lange, 13 Tonnen schwere und mit 372 Lampen und 8772 Glühbirnen erleuchtete Truck wieder durch Großbritannien. Vor Einkaufszentren und auf zentralen Plätzen verteilen die Mitarbeiter nach der Ankunft des Trucks dann kostenlos Cola-Dosen an Passanten.

Besonders stört Public Health England, dass der Cola-Truck ihrer Meinung nach dieses Jahr ausgerechnet die ärmsten Städte des Landes ansteuert, darunter etwa die schottische Metropole Glasgow, in der besonders viele übergewichtige Kinder leben. 

Malcolm Clark, Koordinator des assoziierten Vereins Children’s Food Campaign wird im „Daily Telegraph“ mit dem Worten zitiert: „Dass Coca-Cola seine Tour ausgerechnet in Glasgow startet, ist fast schon Mobbing. Dort gibt es sehr viel mehr Fälle von kindlichem Übergewicht und Karies als im britischen Durchschnitt. Zudem hat die schottische Regierung doch gerade erst darüber beraten, wie sich Adipositas bekämpfen lässt, und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Anstrengungen der Konzerne nicht weit genug gehen.“

„Der Zusammenhang zwischen krankhaftem Übergewicht bei Kindern und sozialer Benachteiligung ist gut belegt“, teilte auch Public Health England bereits anlässlich des Diabetes-Tags im vergangenen November mit. Und weiter: „Weihnachten ist die Zeit des Jahres, in der wir uns und anderen mit Essen verwöhnen wollen. Dabei sollten wir aber nicht aus den Augen verlieren, dass wir alle zu viel Zucker essen, und zwar das ganze Jahr über.“

So verteidigt sich Coca-Cola

Aktuellen Zahlen zufolge verlässt ein Drittel der jungen Briten die Grundschule bereits mit Übergewicht. Besonders betroffen sind Kinder aus armen Familien. Unterstützung bekommen die Kritiker von Starkoch Jamie Oliver. Der Brite kämpft bereits seit Langem gegen zu viel Zucker in der Nahrung.

Gemeinsam mit der Organisation Sustain hat er eine Initiative mit dem Namen „Sugar Smart“ ins Leben gerufen: Sie berät Schulen, öffentliche Institutionen, Firmen, Restaurants und Behörden, die den Zuckeranteil in den von ihnen ausgeteilten Essen reduzieren wollen. In einem Statement des Vereins wurde Coca-Cola aufgefordert, bei der Tour lieber Wasser statt der zuckerhaltigen Getränke auszuschenken.

Und was sagt der so hart kritisierte Konzern? Der „Daily Telegraph“ zitiert eine Sprecherin der Firma mit den Worten, dass Cola-Cola bei dem Event, das nur einmal im Jahr stattfinde, drei verschiedene Gratisproben verteilen, klassische Coca-Cola. Cola Zero oder Diet Coke – „zwei der angebotenen Gratisproben sind also ohne Zucker“.

Außerdem achte das Unternehmen darauf, dass an Kinder unter zwölf Jahren das Getränk nur mit Einverständnis ihrer Eltern oder eines anderen Erziehungsberechtigten gegeben werde. Auch zu dem Vorwurf der Tourplanung äußerte sich die Firma: Der Werbelastwagen nehme jedes Jahr eine andere Route durchs Land, mit dem Ziel, möglichst viel Publikum zu erreichen.

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